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CfP: Scheidungsrechtsreform 1977 – Entstehung und Wirkungsgeschichte

Das am 14. Juni 1976 verkündete Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts brachte eine grundlegende Neuregelung des Scheidungsrechts, des Scheidungsfolgenrechts (Zugewinnausgleich, nachehelicher Unterhalt, Versorgungsausgleich) und des Scheidungsverfahrensrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Das bisher prägende Verschuldensprinzip wurde zugunsten des Zerrüttungsprinzips beseitigt: Voraussetzung für die Scheidung einer Ehe ist seither nicht mehr das Vorliegen einer gravierenden Verletzung ehelicher Pflichten durch mindestens einen der Ehegatten, sondern allein das Scheitern der Ehe, das nach einer gewissen Zeit des Getrenntlebens vermutet wird. Auch wenn das neugeregelte Scheidungsunterhaltsrecht die Selbstverantwortung der Ehegatten nach der Ehescheidung betonte: Der wirtschaftlich stärkere Partner schuldet dem wirtschaftlich schwächeren Partner in vielen Fällen über Jahre hinweg nachehelichen Unterhalt; auf das Verschulden am Scheitern der Ehe kommt es auch hier nicht an. Zudem wurde der Versorgungsausgleich eingeführt, der geschiedene Ehegatten gleichmäßig an den während der Ehe erworbenen Altersversorgungsanwartschaften des anderen Ehegatten beteiligt. Die Scheidung wurde nunmehr von den neu geschaffenen Familiengerichten in einem neugeregelten Verfahren durchgeführt. Die Scheidungsrechtsreform war das Ergebnis eines jahrelangen kontroversen rechts- und gesellschaftspolitischen Diskurses, der auch nach Inkrafttreten des Reformgesetzes nicht zum Erliegen kam. Untersucht werden sollen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte dieser Scheidungsrechtsreform aus multidisziplinärer Perspektive.

Themenvorschläge (max. 3000 Zeichen) mit kurzem CV werden bis 15. November 2017 an rechtskultur@ur.de erbeten. Die ausgewählten Themen (Nachricht erfolgt bis 1. Dezember 2017) sollen auf einer Tagung, die am 12./13. Oktober 2018 an der Universität Regensburg stattfindet, präsentiert und diskutiert werden; die hiernach überarbeiteten Texte werden in einem Tagungsband publiziert, welcher in einem renommierten Fachverlag erscheinen wird. Reise- und Übernachtungskosten werden erstattet.

Martin Löhnig
Universität Regensburg
93040 Regensburg
martin.loehnig@jura.uni-regensburg.de

Die Tagung wird unterstützt durch den Förderverein Europäische Rechtskultur e.V. 

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Rechtsbegriffe und Institutionen lassen sich nicht aus einer zeitlosen Vernunft ableiten. Recht ist vielmehr – ebenso wie etwa Musik, Literatur, Bildende Kunst oder Mode – ein Kulturprodukt, entstanden in Jahrhunderten menschlicher Praxis und stetiger Veränderung unterlegen. Die verschiedenen Kulturräume unserer Welt haben im Laufe ihrer Geschichte unterschiedliche Vorstellungen von Recht und seiner Durchsetzung entwickelt.      Mit dem Begriff „Rechtskultur“ läßt hiernach der Inbegriff der in einem Kulturraum bestehenden, auf das Recht bezogenen Wertvorstellungen, Normen, Institutionen, Verfahrensregeln und Verhaltensweisen umschreiben. Recht ist also immer Teil einer Kultur; das gilt nicht nur für das positive Recht, sondern vor allem auch für die Prinzipien der Begründung und Legitimation von Normen und Verfahren. Als Teil einer Kultur steht das Recht notwendig in einer Wechselbeziehung mit anderen Teilgebieten dieser Kultur, etwa Moral, Politik oder Religion. Recht ist also kult