Der erstinstanzliche Prozessalltag an Untergerichten im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit ist bisher nur Gegenstand weniger Untersuchungen. Kerstin Strohmaier lenkt den Focus mittels der Auswertung eines im Staatsarchiv Sigmaringen verwahrten Bestands der R-Akten auf den Prozessalltag an dem im Zentrum Oberschwabens gelegenen Landgericht Ravensburg anhand des Zerrüttungstatbestandes des § 55 Ehegesetz 1938 bzw. § 48 Ehegesetz 1946. Der Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie auf die Rechtsprechung des Landgerichts Ravensburg wird ebenso ausgeleuchtet wie die Verhältnisse nach Kriegsende und die Frage nach der Entnazifizierung nationalsozialistischen Rechts. Eine Betrachtung des Aktenbestandes zur Zerrüttungstatbestand im Zeitraum von 1938 bis 1950 ermöglicht zugleich eine vergleichende Betrachtung der Rechtsprechung und des Prozessalltags während der Zeit des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren.